„Die Gefängnisbriefe der Gertrud Lutz“
Von Michael Horlacher und Günter Randecker
Am 13. September durften wir bei der Vorstellung des Buches „Die Gefängnisbriefe der Gertrud Lutz“ von Michael Horlacher und Günter Randecker dabei sein. Bei diesem tollen und sehr interessanten Vortrag mit dem Titel „Widerstand in Stuttgart – Gertrud Lutz und die Widerstandsgruppe Schlotterbeck“ konnten wir viel Neues über die Namensgeberin unseres Linken Zentrums Trude, eine kommunistische und antifaschistische Widerstandkämpferin, erfahren.
Gertrud Lutz wurde 17. September 1910 in Reutlingen geboren. Wir freuen uns heute, an ihrem Geburtstag, an sie zu erinnern. Wir wollen ihre Geschichte verbreiten, um ihren Kampf gegen den deutschen Faschismus und für einen bessere Welt nicht zu vergessen.
Gertrud Lutz und die Gruppe Schlotterbeck
In Süddeutschland findet, wie überall sonst auch, nur sehr wenig Gedenkarbeit an kommunistische Widerstandskämpfer*innen statt. In der bürgerlichen Geschichtsschreibung und Gedenkarbeit sind sie kaum sichtbar. Deshalb nehmen wir das selbst in die Hand!
Dabei wollen wir uns mit dem Buch „Je dunkler die Nacht, je heller die Sterne“ von Gertruds Bruder, Frieder Schlotterbeck beschäftigen, genauso wie mit dem Film „Nackt unter Wölfen“, der von dem Nachbarn der Familie Lutz, Willy Bleicher, handelt. Willy Bleicher half dabei einen Jungen in der Kleiderkammer des m KZ Buchenwald zu verstecken. Von Gertrud Lutz selbst sind 70 Briefe aus ihrer Gefangenschaft erhalten.
Gertrud, “Trude“ Lutz, geborene Schlotterbeck, wurde am 17.09.1910 in Reutlingen geboren. Ihr Vater Gotthilf war, wie auch sein Sohn Frieder, Mitglied der KPD. Davon war Trude schon früh begeistert und trat deshalb in die politischen Fußstapfen ihres Vaters und ihres Bruders. Im Herbst 1933 wurde sie das erste Mal aufgrund des Vorwurfs, Arbeiter*innen zur Verwehrung des Arbeitens angestiftet und eine antifaschistische Arbeitsfront organisiert zu haben, festgenommen und zu zwei Jahren und vier Monaten Haft verurteilt. Diese verbrachte sie zunächst in der Nähe von Schwäbisch Gmünd und wurde danach in ein KZ bei Moringen, in der Nähe von Hannover gebracht – denn aus ihrer abgesessenen Gefängnisstrafe war eine „Schutzhaftverordnung“ geworden. Die Zeit im KZ verbrachte sie mit einer ihrer Verbündeten, Else Himmelheber, der späteren Verlobten ihres Bruders. Zusammen sangen sie Abends Lieder über ihre Zeit in Haft. Während dieser Zeit schrieb Trude viele Briefe, u.a. an ihre Mutter – davon wurden viele Teile von der Zensur geschwärzt, bevor sie verschickt wurden.
Als Trude nach langer Zeit entlassen wurde, war ihr Kampfgeist zunächst gebrochen und sie hielt die Füße still – verstärkend hinzu kam die Tatsache, dass sich viele ihrer Familienmitglieder noch immer in Haft befanden.
Ihr Mann, Walter Lutz, den sie 1938 geheiratet hatte, starb im Krieg bei Stalingrad – die Geburt der gemeinsamen Tochter Willfriede im Jahr 1942 hatte er gerade noch mitbekommen. Trude hatte die Möglichkeit, gemeinsam mit ihrer Tochter nach Grabenstätten auf der Schwäbischen Alb evakuiert zu werden, und zog dort bei Familie Keller ein.
Wie der Name ihrer Tochter auch schon zeigt, war der Wunsch und auch der Kampf für Frieden und eine bessere Welt tief in ihr verwurzelt.
Trotz ihrer langen Zeit im Gefängnis und ihrer anfänglichen Zurückhaltung, gründete sie mit ihrer Familie und anderen mutigen Kämpfer*innen in die Widerstandsgruppe Schlotterbeck Gemeinsam kämpften sie gegen den deutschen Faschismus.
Am 10. Juni 1944 wurde Gertud Lutz gemeinsam mit ihren Eltern und ihrer Tochter von den Faschisten verhaftet.
Trudes Tochter Willfriede hat, dank der Familie Keller, die sie aus dem Kinderheim holte und aufzog, überlebt. Sie hat alle Briefe ihrer Eltern und ihrer Familie aus dem Gefängnis aufgehoben. Sie bilden die Grundlage für das Buch „Die Gefängnisbriefe der Gertrud Lutz“.
Am 27. November 1944 wurde Trude Lutz mit anderen Kämpfer*innen der Widerstandsgruppe Schlotterbeck, Else Himmelheber und ihren Eltern ins KZ Dachau transportiert und dort ohne Gerichtsverhandlung am 30. November 1944 wegen ihres überzeugten Widerstandes ermordet.
„Die Gefängnisbriefe der Gertrud Lutz“
Das Buch „Die Gefängnisbriefe der Getrud Lutz“ bildet die Grundlage für unsere Gedenkarbeit im Linken Zentrum Trude Lutz. Trude Lutz dient uns als Inspiration dafür, linke Infrastruktur für Gruppen bereitzustellen. Damit wollen wir die linke Bewegung in Tübingen unterstützen und stärken. Wir wollen, neben allen anderen, auch antifaschistische und feministische Kämpfe vor Ort führen und die Rolle von Frauen im antifaschistischen Widerstand sichtbar machen.
Wenn ihr euch für Trudes Leben und ihren Kampf interessiert, bekommt ihr das Buch „Die Gefängnisbriefe der Gertrud Lutz“ direkt bei uns. Schreibt uns gerne eine Mail an linkeszentrum-tue@riseup.net, wenn ihr Interesse daran habt, eine oder gleich mehrere Ausgaben zu kaufen!
Im Gedenken an die Widerstandsgruppe Schlotterbeck:
Trudes Genoss*innen
- Gertrud Lutz
- Maria Schlotterbek
- Gotthilf Schlotterbek
- Friedrich Schlotterbek
- Else Himmelheber
- Erich Heinser
- Emil Gärttner
- Sofie Klenk
- Emmi Seitz
- Hermann Seitz
Gertrud Lutz war, wie auch ihre Brüder, Teil der antifaschistischen Widerstandsgruppe Schlotterbeck, die um das Jahr 1943 im Raum Stuttgart aktiv war. Benannt ist sie nach dem Familienvater, Gotthilf Schlotterbeck. Der Gruppe wurde ihr Kontakt zum Doppelagenten Eugen Nesper zum Verhängnis. Nesper kam als sowjetischer Agent mit einem englischen Flugzeug nach Deutschland, um Informationen über den deutschen Krieg zu sammeln, auch mithilfe der Gruppe Schlotterbeck. Allerdings beobachtete die Gestapo Nesper und seine Frau in Stuttgart und brachte ihn mit diesem Druckmittel dazu, Doppelagent zu werden. Das offenbarte er der Gruppe 1944 als klar war, dass sie jetzt gefangen genommen würden. Frieder Schlotterbeck, Nesper selbst sowie drei weitere Mitglieder wagten die Flucht über verschiedene Routen. Doch nur Frieder gelang sie tatsächlich, und damit war er das einzige Gruppenmitglied, das überlebte. Die Frauen der Bewegung, unter ihnen Trude, kamen zunächst in das Gestapo-Gefängnis nach Bad Cannstatt im ehemaligen Hotel Silber. Am 30.11.1944 wurden sie, wie die anderen, im KZ Dachau ermordet.


