Das Linke Zentrum Trude Lutz ist benannt nach der Widerstandskämpferin und überzeugten Kommunistin Gertrud Lutz (geb. Schlotterbeck), oder auch Trude Lutz. In der Tradition ihres Kampfes und in Gedenken an Trude und alle anderen, die im Widerstand gegen den Faschismus ihr Leben ließen, wollen wir auch heute im Linken Zentrum Trude Lutz den gemeinschaftlichen Kampf für eine gerechte Welt organisieren.
Trude wurde am 17. September 1910 in Reutlingen geboren. Sie war Tochter des Gewerkschafters Gotthilf Schlotterbeck (Daimler Untertürkheim) und Maria Schlotterbeck. Nach Gotthilf wurde dann auch die spätere Widerstandsgruppe Schlotterbeck benannt. Geprägt durch den Haushalt, in dem Trude aufwuchs, trat sie schon früh in den Kommunistischen Jugendverband Deutschlands (KJVD) ein und wurde im Alter von 21 Jahren Mitglied in der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD).
Wegen der Arbeitsstelle des Vaters zog die Familie Schlotterbeck von Reutlingen nach Esslingen, danach nach Stuttgart-Luginsland. Schon damals entwarf und verteilte Trude politische Flugblätter. Später arbeitete sie dann als Kontoristin bei einem Stuttgarter Verlag, der kommunistische Schriften publizierte.
Repression
Im Jahr 1932 erfolgte dann Trudes erste Verhaftung wegen „des Verdachtes der kommunistischen Zersetzung“. Anfang des Jahres 1933 wurde das Verfahren eingestellt. Nach der Einstellung flüchtete sie aus Stuttgart und suchte Arbeit im Untergrund. Am 24. Oktober 1933 folgte eine erneute Verhaftung. Dieses Mal wegen Verdachts der „Verbreitung kommunistischer Zersetzungsschriften“. Am 7. September 1934 wurde sie schlussendlich zu 2 Jahren und 4 Monaten Schutzhaft verurteilt. Begründung war die „Vorbereitung zum Hochverrat“. Von 1934 an befand sich Trude bis 1936 in Haft; sie wurde als „Schutzhäftling“ unter anderem in den Frauen-Konzentrationslagern „Gotteszell“ bei Schwäbisch Gmünd und „Moringen“ in Niedersachsen gefangen gehalten.
Unter dem Begriff der „Schutzhaft“ wurden während der Anfangszeit des Nationalsozialismus politische Oppositionelle wie Kommunist*innen und Sozialist*innen durch die „Politische Polizei“ gefangen genommen. Legitimiert wurden die Verhaftungen durch die Behauptung, dass man so das Volk vor den Widerständler*innen schütze. Diese wurden mittels Massenverhaftungen ohne Rechtsverfahren in improvisierten Arbeits- bzw. Konzentrationslager (leerstehende Fabriken, ehemalige Kasernen, Schlösser, Festungsanlagen, Turnhallen) gefangen gehalten. Der Hauptzweck dieser ersten Arbeitslager war es, die politische Opposition zu zerschlagen. Die rechtliche Grundlage hierfür war die Reichstagsbrandverordnung und das Ermächtigungsgesetz. So erklärte „Hermann Göring es als Reichsminister und Dienstherr der preußischen Polizei am 3. März 1933 zu seiner Hauptaufgabe, die ‚Pest des Kommunismus‘ auszurotten“ (Wenge 2016, S. 61).
Wilfriede Sonnhilde wird geboren
Während der Haft erkrankte Gertrud Lutz schwer und wurde möglicherweise auch zu Versuchszwecken operiert. Nach ihrer Freilassung am 07. Dezember 1936 zog Trude zurück nach Stuttgart-Luginsland und später nach Stuttgart-Degerloch. 1938 heiratete sie Walter Lutz und am 2. August 1942 wurde ihre Tochter Wilfriede Sonnhilde geboren. Ihr Kind mitten im Krieg „Will-Friede“ zu nennen, lässt auf den Mut und die Entschlossenheit der Mutter schließen. Walter Lutz wurde noch vor der Geburt seiner Tochter eingezogen und fiel im Oktober 1942 in Russland – seine Tochter hatte er kein einziges Mal gesehen.
Um das Jahr 1943 war die gesamte Familie Schlotterbeck, gemeinsam mit anderen mutigen Kämpferinnen in der Widerstandsgruppe Schlotterbeck aktiv gegen den deutschen Faschismus. Im Januar 1944 zog Gertrud Lutz mit ihrer Tochter nach Grabenstetten auf die Schwäbische Alb zur Bauersfamilie Keller. Dort wollte sie sich und ihr Kind vor den Bombenangriffen schützen. Obwohl sie sich seit der Geburt von Wilfriede vor allem um ihre Tochter kümmern musste und nicht mehr politisch aktiv war, wurde sie am 10. Juni 1944 gemeinsam mit ihren Eltern, ihrer Tochter und ihren Genossinnen Erich Heinser, Emil Gärttner, Sofie Klenk, Emmi Seitz, Hermann Seitz und Frieda Schwille von den Nazis verhaftet – Sippenhaft. Aus der Haft heraus organisierte sie, dass ihre Tochter Wilfriede bei Freundinnen unterkommen konnte. Der Doppelagent Eugen Nesper hatte die Gruppe an die Gestapo verraten. Else Himmelheber, die zu diesem Zeitpunkt mit Friedrich Schlotterbeck verlobt war, konnte zunächst untertauchen, wurde dann aber auch gefasst und inhaftiert. In der Stuttgarter Gestapo-Zentrale wurde sie monatelang verhört und vermutlich auch gefoltert, ohne dass sie Angaben über ihre Verbindungen und ihre Untergrundtätigkeit machte. Am 27. November 1944 wurde Trude Lutz mit anderen Kämpferinnen der Widerstandsgruppe Schlotterbeck, wie Else Himmelheber und ihren Eltern ins KZ Dachau transportiert und dort ohne Gerichtsverhandlung am 30. November 1944 wegen ihres überzeugten Widerstandes ermordet.
Nur Trudes Bruder Friedrich Schlotterbeck konnte fliehen. Er kümmerte sich mit seiner Frau Anna um seine Nichte Wilfriede. Kurz nach seiner Rückkehr aus dem Exil in der Schweiz wurde er Vorsitzender der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) in Württemberg und Präsident des Deutschen Roten Kreuzes.
In einem Brief, den Trude aus dem Gefängnis an ihre Familie schickte, versteckte sie ein Marx-Zitat: „Wisst Ihr nicht, wie ein großer Mann des 19. Jahrhunderts sagte? Wir haben nichts zu verlieren, aber eine Welt zu gewinnen!“ – Diese Zuversicht und dieser Mut sind uns ein Vorbild.
In Gedenken an die Widerstandsgruppe Schlotterbeck:
- Gertrud Lutz
- Maria Schlotterbeck
- Gotthilf Schlotterbeck
- Hermann Schlotterbeck
- Friedrich Schlotterbeck
- Else Himmelheber
- Erich Heinser
- Emil Gärttner
- Sofie Klenk
- Emmi Seitz
- Hermann Seitz
- Frieda Schwille
Quellen:
- Wolfgang Benz/Barbara Distel (Hg.): Instrumentarium der Macht: Frühe Konzentrationslager 1933–1937. Berlin 2003.
- Hotel Silber: Alfred Hagenlocher und die Gruppe Schlotterbeck. URL: https://virtuell.geschichtsort-hotel-silber.de/virtueller-ort/1928-1945-vom-polizeipraesidium-zur-gestapo/alfred-hagenlocher-und-die-gruppe-schlotterbeck/?L=0 (30.10.2024).
- KZ-Gedenkstätte Moringen: Frauen-KZ 1933-1938. URL: https://www.gedenkstaette-moringen.de/ort-geschichte/frauen-kz (30.10.2024).
- Günther Randecker & Michael Horlacher (Hg.): Gertrud Lutz: Briefe – Dokumente – Bilder. Stuttgart 2010.
- Matthias Rude: Lebendiges Denkmal des Widerstands. In: Kontext Wochenzeitung, 6.12.2023. URL: https://www.kontextwochenzeitung.de/gesellschaft/662/lebendiges-denkmal-des-widerstands-9237.html (30.10.2024).
- Anne Schaude: Heuberg und Gotteszell – zwei frühe württembergische Konzentrationslager. Juni 2016. URL: https://www.gedenken-nt.de/dokumente/heuberg-und-gotteszell (30.10.2024).
- Friedrich Schlotterbeck: Je dunkler die Nacht… Erinnerungen eines deutschen Arbeiters 1933-1945. Stuttgart 1986.
- Friedrich Schlotterbeck: Wegen Vorbereitung zum Hochverrat hingerichtet… Verlag Die Zukunft, Reutlingen 1947.
- Nicola Wenge: Die Etablierung des Terrors: Frühe Verfolgung der politischen Opposition in Baden und Württemberg. Geschichte und Nachgeschichte des KZ Oberer Kuhberg Ulm, in: Peter Steinbach/Thomas Stöckle/Sibylle Thelen/Reinhold Weber (Hg.): Entrechtet – verfolgt – vernichtet. NS-Geschichte und Erinnerungskultur im deutschen Südwesten. Schriften zur politischen Landeskunde Baden-Württembergs, Bd. 45, Stuttgart 2016, S. 61–92.
- Siegfried Bassler, Stolperstein-Initiative Stuttgart-Süd: Else Himmelheber, Adlerstraße 24. November 2004. URL: https://www.stolpersteine-stuttgart.de/biografien/else-himmelheber-adlerstr-24/ (30.10.2024).